Haftungsbescheid – auch gegen den „faktischen“ Geschäftsführer
Gegen Privatpersonen kann das Finanzamt einen sog. Haftungsbescheid erlassen. Damit werden Steuerschulden der Gesellschaft gegen eine Privatperson geltend gemacht. Dies ergibt sich aus § 69 AO. Wenig überraschend und allgemein bekannt sein dürfte, dass Geschäftsführer und sonstige gesetzliche Vertreter für Steuerschulden einer Gesellschaft haften. Dies ergibt sich aus § 34 AO.
Aber auch wer formal nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, haftet unter bestimmten Voraussetzungen für Steuerschulden der Gesellschaft. Dies ergibt sich aus § 34 AO.
Faktischer Geschäftsführer
Eine Haftung kommt dann in Betracht, wenn jemand die Voraussetzungen des „faktischen Geschäftsführers“ erfüllt. Eine allgemein gültige Definition lässt sich nicht festlegen. Allerdings hat die Rechtsprechung Kriterien entwickelt, anhand deren das Finanzamt eine Einordnung vornehmen kann.
Einige dieser Kriterien sind
- Bestimmung der Unternehmenspolitik
- Verhandlungen mit Banken
- Verhandlungen mit Behörden und dem Finanzamt
- Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten
- Bestimmung der Buchhaltung
- Treffen von Personalentscheidungen
- Unterzeichnung von Jahresabschlüssen, Rechnungen und Steuererklärungen
Vereinzelt werden auch noch andere Kriterien herangezogen. Ab welcher Schwelle eine faktische Geschäftsführung anzunehmen ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Maßbelich ist der Gesamteindruck.
Kann das Finanzamt diesen Eindruck gewinnen, so wird es einen Haftungsbescheid erlassen. Diese Bescheide sind in vielen Fällen nicht rechtmäßig. Gleichwohl muss fristgerecht Einspruch eingelegt werden. Ob der Bescheid rechtmäßig ist, muss anhand einer Vielzahl von Kriterien am jeweiligen Einzelfall überprüft werden.
Wichtigste Kriterien sind
- Ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens
- Ordnungsgemäße Bestimmung der Tilgungsquote
- Akzessorietät der zugrundeliegenden Forderungen
Aber auch im Vorfeld sollte in Verdachtsfällen geprüft werden, ob eine Haftung als Faktischer Geschäftsführer in Betracht kommt. Dies ist gerade dann von überbordender Bedeutung, wenn sich ein Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage befindet und die Insolvenz abzusehen ist.
Lassen Sie sich daher frühzeitig von uns beraten. Wir beraten Sie im Vorfeld, aber auch wenn der Haftungsbescheid erlassen wurde. Beachten Sie die Einspruchsfrist! Aber auch im gerichtlichen Verfahren vor dem Finanzgericht vertreten wir Sie bzw. Ihre Mandanten gerne.